Knigge und die Praxis ODER voll das Leben

Knigge-fuer-Gruender

Knigge für Gründer und Jungunternehmer

An einem vernieselten Donnerstagabend im März gegen 06:30 Uhr rumpelte es vernehmlich neben unserem Haus und kurz danach klingelte es an der Tür. Wir hatten wirklich nicht mehr mit ihm gerechnet. Um 15:00 Uhr war der Termin verabredet, für den wir uns mühsam den Nachmittag freigehalten hatten. Jetzt stand er vor unserer Tür, der Schreinermeister, der die Gaube in unser Dach setzen wollte.

„Moin, Moin“, hieß es dann norddeutsch korrekt und knapp, „Firma Burmester, die Zimmerer.“ Aus dem Augenwinkel nahm ich noch den alten 7,5-Tonner wahr, der jetzt auf unserer Einfahrt thronte. Ohne Zögern und mit einem: „Da geht’s dann wohl nach oben…“ setzte sich Fa. Burmester in Zunfthose, Weste und kariertem Hemd über unseren hellgrau ausgelegten Flur, kleine sandige Spuren der letzten Baustelle hinter sich lassend, in Richtung Treppe in Bewegung. Wir kamen noch zu einem etwas verdutzten: „…Ja, ganz recht.“ Dann mussten wir hinterher.
Im ersten Stock konnten wir ihn knapp vor unserer Schlafzimmertür einholen und ihm gerade noch rechtzeitig die Tür zum Abstellraum über unserer Garage weisen, der einmal, dann mit neuer Dachgaube aus-gebaut, das zukünftige Büro meiner Frau werden sollte.

Wortlos und mit seinem Zollstock in der Hand den Dachstuhl unseres Hauses inspizierend, wandte er sich dann an mich: „Tja, ob das mit dem Ausbau so klappt, wie Sie sich das vorstellen…“. „So schwierig wird es!“ dachte ich jetzt. Am Telefon und nach Durchsicht unserer Unterlagen hörte sich das bei seinem Chef doch noch ganz anders an.
Meine Frau, eine ausgebildete Bautechnikerin, hatte sich viel Mühe gemacht, was man den Vorentwürfen auch ansah. Das ganze Vorhaben hatte sie mit ihrem alten Chefarchitekten intensiv besprochen. Aber unser Besuch hatte keinerlei Fragen an die Planerstellerin. „Naja…“ ließ er sich vernehmen, „…hab`s ja jetzt soweit gesehen, die Unterlagen ham` wir ja, wir machen dann mal `n Angebot. Kriegen Se kommende Woche.“ Mit einem „…und Tschüss dann!“ war er nach etwa 20 Minuten wieder verschwunden.

Der Knigge für Gründer und Jungunternehmer

Es ist jetzt wieder März und die neue Gaube ist recht hübsch geworden. Den Innenausbau haben wir im letzten Sommer bereits kurz nach Fertigstellung in Eigenarbeit erledigt. Bereits 3 Wochen nach jenem verregneten Donnerstagabend haben wir den Auftrag vergeben können und mit ein paar guten zusätzlichen Vorschlägen vom Schreinermeister umgesetzt. Allerdings hieß dieser nicht Burmester.
Nach 2 Wochen häufigen Nachtelefonierens warten wir heute immer noch auf das Angebot, unsere eingereichten Vorentwürfe und: Den Namen von Meister Burmester‘s Mitarbeiter konnten wir bis heute nicht in Erfahrung bringen.

Realität in der Praxis

Leider ist die geschilderte Szene bis auf den geänderten Namen selbst erlebte Realität. In unserer täglichen Praxis begegnen uns häufig junge Unternehmer, die bei Erstkontakten kurz vor dem Kundentermin noch auf der Türschwelle die hastig aufgerauchte Zigarette im Blumenbeet entsorgend und eine Wolke guten Virginiatabaks vor sich her schiebend den Besprechungsraum betreten.
Nicht ganz selten auch der gut sichtbar vor den Geschäftsräumen platzierte auffällige Minicooper mit der Heckaufschrift: „Bibi`s Nagelstudio“. Bei einem Blick in den Mini gewinnt man den Eindruck, dass Bibi auch darin wohnt. Aufschrift und Fahrzeugmodell sind variabel, der Anblick des Innenraumes wechselt vielfach nicht.

5 Knigge Tipps für die Praxis

  1. Der erste Eindruck ist nicht korrigierbar
  2. Weniger ist manchmal mehr
  3. Ein Angebot entsteht
  4. Der Auftrag ist gebucht
  5. Die Rechnung

Der erste Eindruck ist nicht korrigierbar oder  es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck

Einer Studie der Princeton University, New Jersey, USA, aus 2006 zufolge brauchen Menschen ca. 100 Millisekunden, in denen sie sich ein nachhaltiges Bild vom unbekannten Gegenüber machen. Diese Chance müssen Sie als Unternehmer nutzen. Woran sollen potentielle Kunden, in erster Linie Laien, Ihre Fähigkeiten ermessen, wenn schon die Verabredung für ein Erstgespräch mit dreieinhalb Stunden Verspätung beginnt und ohne jeden Kommentar bezüglich des geplatzten Termins von Ihrer Seite vergeht? Wie planmäßig wird dann wohl erst der Einbau der beschriebenen Gaube verlaufen?

Und wenn die Informationsströme zwischen dem Chef und seinem Mitarbeiter schon in der Vorbereitung für das Erstgespräch abgerissen sind, wie reibungslos wird dann wohl der Auftrag abgewickelt werden?
Sie mögen fachlich unschlagbar sein; man wird Ihnen die Aufgabe nicht zutrauen, wenn die Kabine Ihres Transporters aussieht wie nach einer Urwaldrallye. Und wenn Sie schon beim Ausmessen auf die Reinigung Ihres Schuhwerkes verzichten, wie mag dann wohl am Abend die zukünftige Baustelle gleich neben dem Schlafzimmer Ihres Kunden aussehen?

Ebenso wenig fährt man mit Baufahrzeugen ungefragt auf Privateinfahrten, die für diese Zwecke in der Regel nicht ausgelegt sind. Auch der PKW bleibt beim Kundenbesuch an der Straße, wenn nicht gekennzeichnete Parkflächen auf dem Kundengrundstück etwas anderes signalisieren. Und: Man stellt nicht in der Nähe des Haupteingangs auf freien Parkplätzen mit der Aufschrift Geschäftsleitung das eigene Fahrzeug ab. Bitte nicht wundern; wir haben alle diese Stilblüten erleben dürfen.

Weniger ist manchmal mehr

So wenig überzeugend wie unsauberes Schuhwerk oder Arbeitszeug ist, wirkt der formelle dunkelblaue Nadelstreifenanzug mit feinem Oberhemd, Weste und passender Krawatte, wenn es gilt, Ihre potentiellen Auftraggeber von der Leistungsfähigkeit Ihres neu gegründeten Heizungs- und Elektro- oder Trockenbaubetriebes zu begeistern.

Gleiches gilt für die Sprache. Vermeiden Sie Anglizismen, ersetzen Sie Ihre beruflichen Fachausdrücke durch allgemeinverständliche Begriffe oder Umschreibungen so, dass Ihre Kunden diese verstehen. Die wenigsten werden im Zweifel nachfragen, um sich keine Blöße zu geben, aber ebenso wenige werden Sie für etwas beauftragen, dass sie nicht wirklich verstanden haben.

Versuchen Sie authentisch zu sein und spielen Sie keine Rolle. Keiner hält Verstellungen dauerhaft durch. Werden Sie sich bewusst, dass jede Ihrer Äußerungen, jede Ihrer Gesten, Ihr Outfit, der Pflegezustand von Firmenfahrzeugen, Messwerkzeugen und Ihrer Arbeitskleidung wie eine Arbeitsprobe von Ihrem zu-künftigen Auftraggeber bewertet wird.

Ein Angebot entsteht

Hier gilt Gleiches wie für das gesprochene Wort. Beschreiben und drücken Sie die Leistung so aus, dass Ihr Kunde, also ein Laie, es versteht und nachvollziehen kann. Und unterbreiten Sie, soweit irgend möglich 3 Alternativen in Ihrem Angebot:

Eine Sparversion, welche aber die besprochenen Kundenwünsche befriedigen kann. Eine Normalversion, die Ihrem Fachempfinden und dem Stand der Technik folgt, aber preislich über der Ersten liegen wird und die Luxusvariante, welche keinerlei Wünsche offen lässt und realisiert, was alles möglich ist. Mit etwas Geschick wird in der Regel die Normalversion beauftragt, aber eben manchmal auch das Luxuspaket.

Scheuen Sie nicht die Nachfrage nach einer angemessenen Zeit. Hat der Kunde alles verstanden, gibt es Fragen, die, vorzugsweise in einem persönlichen Gespräch, geklärt werden können. Dieses Gespräch bringt Sie wieder in die Lage, Ihren Kunden von Ihrer Leistungsfähigkeit zu überzeugen.

Und sollte es nicht geklappt haben, fragen Sie nach, was aus dem Projekt geworden ist und was Sie beim nächsten Mal besser machen können. Generell gilt für jede Angebotsphase: Fragen Sie nicht nach, geben Sie indirekt zu verstehen, dass Sie der Auftrag gar nicht interessiert. Und wenn Sie schon kein Interesse signalisieren, welches sollte dann Ihr Kunde aufbringen?

Der Auftrag ist gebucht

Halten Sie sich an die vereinbarten Absprachen. Dafür werden sie gemacht. Versprechen Sie nichts, was Sie nicht auch halten können. Über die Zeit bestehen langfristig nur die Betriebe, die es schaffen, ihre Kunden dauerhaft und nachhaltig vom Nutzwert der erbrachten Leistung zu überzeugen.

Lassen Sie Informationsdefizite erst gar nicht entstehen und binden Sie Ihren Kunden mit ein, wenn es darum geht in welcher Reihenfolge was erledigt werden wird. Ihr Kunde wird die Qualität Ihrer Arbeit auch hier nur an den realisierten Zusagen bemessen können. Passiert alles so, wie Sie es prognostiziert haben, wird folglich auch die erstellte Leistung für ihn in Ordnung sein.

Fragen Sie nach, ob Sie Strom, Wasser oder andere Energien vom Kunden für die Erstellung Ihrer Leistung erhalten dürfen. Räumen Sie am Abend Ihren Bereich auf und vermeiden Sie soweit wie möglich Beeinträchtigungen (Staub, Lärm, Schmutz, etc.) für den Kunden durch die Erstellung Ihrer Leistung.

Auch das vor Ort von Ihnen eingesetzte Team muss sich darüber klar sein, dass jeder Einzelne eine lebendige Visitenkarte des Unternehmens darstellt. Sorgen Sie also dafür, dass auch Ihre Mitarbeiter Ihre Umgangsformen teilen. Keine Hausbesitzerin möchte gerne auf ihrer eigenen Terrasse aus der Baustelle im ersten Stock während des Frühstücks Ohrenzeuge eines Gespräches über ihre körperlichen Vorzüge werden. Dies gilt auch für das Ausland. Sie wundern sich, wie weit verbreitet die deutsche Sprache auf dem Globus ist.Befolgen Sie diese Grundsätze, wird die Abnahme Ihrer Leistung auch gerne vom Kunden protokolliert.

Die Rechnung

Keiner liebt Überraschungen, wenn es um das liebe Geld geht. Stellen Sie also auch nur das in Rechnung, was zweifelsfrei Teil der Leistungserbringung war und belegen Sie dies nötigenfalls durch gegengezeichnete Leistungsnachweise. Vermeiden Sie kryptische Texte und ungenaue Positionsbezeichnungen mit hohen Werten wie etwa: Nicht einzeln aufgeführte Kleinteile für €156,37.

Wenn Sie über die gesamte Zeit der Leistungserbringung die hier geschilderten kleinen Knigge Regeln befolgt haben, wird sich die Höhe Ihrer Außenstände zukünftig in Grenzen halten. Wird die Rechnung nicht erwartungskonform ausgeglichen, bieten Sie bei Zahlungserinnerungen und anderen Auseinandersetzungen – auch Kunden können schwarze Schafe sein – weniger Angriffsfläche.

Ist die Rechnung bezahlt, fragen Sie nach angemessener Zeit nach, ob und wie zufrieden Ihr Kunde weiterhin mit der erstellten Leistung ist. Eine Empfehlung erleichtert Ihnen den nächsten Auftrag und vergessen Sie nie in allen Phasen des Kundenkontaktes: Schlechte Erfahrungen und Eindrücke werden 30mal häufiger kommuniziert als gute.

Weiterführende Links zum Thema Knigge:

Starten mit professioneller Hilfe

Jetzt Erstgespräch vereinbaren

Sie brauchen professionelle Hilfe für Ihre Existenzgründung und Ihr Unternehmen. Nutzen Sie unser erfahrenes und bundesweites Beraternetzwerk ! Bereits im Erstgespräch erhalten Sie wertvolle Hinweise die Sie und Ihr Unternehmen vorwärts bringen.
Starten mit professioneller Hilfe