Freiberufler oder Gewerbe – Welche Rechtsform passt zu dir?
1. Was ist ein Freiberufler?
Der Begriff Freiberufler ist gesetzlich in § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) definiert. Freiberufliche Tätigkeiten sind meist wissenschaftlicher, künstlerischer, schriftstellerischer, unterrichtender oder erzieherischer Natur. Im Gegensatz zu Gewerbetreibenden benötigen Freiberufler keine Gewerbeanmeldung, sondern melden ihre Tätigkeit direkt beim Finanzamt an.

Katalog- und katalogähnliche Berufe
Das Finanzamt unterscheidet zwischen Katalogberufen (die gesetzlich als freiberuflich gelten) und katalogähnlichen Berufen, die im Einzelfall geprüft werden.
✔ Typische Katalogberufe: Ärzte, Architekten, Steuerberater, Journalisten, Dolmetscher, Ingenieure.
✔ Katalogähnliche Berufe: IT-Berater, Designer, Fotografen, Coaches – hier entscheidet das Finanzamt im Einzelfall.
Freiberufler oder Gewerbe – Wer gehört nicht dazu?
Wer handwerkliche Tätigkeiten ausübt, mit Waren handelt oder ein Unternehmen mit gewerblichem Charakter betreibt, gilt in der Regel als Gewerbetreibender und muss ein Gewerbe anmelden.

2. Was ist ein Gewerbe?
Ein Gewerbe liegt vor, wenn eine selbstständige Tätigkeit auf Dauer angelegt ist, mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und nicht zu den freien Berufen gehört. Die Grundlage für die gewerbliche Tätigkeit bildet § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie die Gewerbeordnung (GewO).
Im Gegensatz zu Freiberuflern, die ihre Tätigkeit lediglich beim Finanzamt anmelden müssen, unterliegen Gewerbetreibende der Gewerbeanmeldepflicht und müssen sich beim Gewerbeamt registrieren. Zudem besteht ab einem Gewinn von 24.500 € eine Gewerbesteuerpflicht.
Typische gewerbliche Tätigkeiten
Ein Gewerbe betreiben vor allem Selbstständige in folgenden Bereichen:
- Handel: Online-Shops, Einzelhandel, Großhandel, Import/Export.
- Handwerk: Schreiner, Elektriker, Friseure, Maler.
- Produktion: Herstellung und Verkauf von Produkten.
- Gastronomie & Dienstleistungen: Restaurants, Cafés, Reinigungsfirmen.
- Agenturen: Marketingagenturen, Eventmanagement, Werbeagenturen.
Wer sich nicht sicher ist, ob seine Tätigkeit als Freiberufler oder Gewerbe eingestuft wird, sollte sich beim Finanzamt oder Gewerbeamt erkundigen. In vielen Fällen wird eine Einzelfallprüfung durchgeführt.
Checkliste: Muss ich ein Gewerbe anmelden?
Wenn mehrere dieser Punkte zutreffen, ist eine Gewerbeanmeldung wahrscheinlich erforderlich.
Eine Gewerbeanmeldung erfolgt in der Regel beim zuständigen Gewerbeamt der Stadt oder Gemeinde. Die Kosten liegen meist zwischen 20 und 60 €, abhängig vom Standort. Nach der Anmeldung informiert das Gewerbeamt automatisch das Finanzamt, die Industrie- und Handelskammer (IHK) oder die Handwerkskammer (HWK) sowie gegebenenfalls die Berufsgenossenschaft.
3. Die wichtigsten Unterschiede zwischen Freiberuflern und Gewerbetreibenden

Die Entscheidung zwischen Freiberufler oder Gewerbe hat erhebliche Auswirkungen auf Steuern, Buchhaltung und rechtliche Verpflichtungen. Während Freiberufler von der Gewerbesteuer befreit sind und eine einfachere Anmeldung haben, unterliegen Gewerbetreibende strengeren Regelungen. Eine direkte Gegenüberstellung hilft dabei, die wesentlichen Unterschiede zu verstehen.
Freiberufler vs. Gewerbetreibender – Die Unterschiede im Überblick
Kriterium | Freiberufler | Gewerbetreibender |
---|---|---|
Definition | Selbstständige Tätigkeit mit geistig-kreativem oder wissenschaftlichem Charakter (§ 18 EStG) | Selbstständige, wirtschaftliche Tätigkeit, die nicht zu den freien Berufen gehört (§ 15 EStG) |
Beispiele | Ärzte, Architekten, Journalisten, Berater, Designer | Einzelhandel, Handwerk, Gastronomie, Produktion, Online-Shops |
Anmeldung | Beim Finanzamt | Gewerbeanmeldung beim Gewerbeamt erforderlich |
Steuern | Einkommensteuer, ggf. Umsatzsteuer | Einkommensteuer, Gewerbesteuer, ggf. Umsatzsteuer |
Gewerbesteuer | Keine Gewerbesteuerpflicht | Gewerbesteuerpflicht ab einem Gewinn von 24.500 € |
Buchhaltung | Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) | EÜR oder doppelte Buchführung (ab 600.000 € Umsatz oder 60.000 € Gewinn Pflicht) |
Sozialversicherung | Keine Pflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung (außer für einige Berufe wie Ärzte, Anwälte) | Gewerbetreibende sind in der Regel nicht rentenversicherungspflichtig |
Kleinunternehmerregelung | Möglich bei Umsätzen bis 25.000 € (Vorjahr) bzw. 100.000 € (laufendes Jahr) | Möglich bei Umsätzen bis 25.000 € (Vorjahr) bzw. 100.000 € (laufendes Jahr) |
Mitarbeiter einstellen | Möglich, aber das Finanzamt kann dann eine gewerbliche Tätigkeit unterstellen | Kein Problem – Gewerbetreibende dürfen uneingeschränkt Personal einstellen |
Rechtsform | Nur als Einzelunternehmen oder GbR möglich | Alle Rechtsformen möglich (z. B. GmbH, UG, OHG, KG) |
Was bedeutet das in der Praxis?
Wenn du eine beratende, kreative oder wissenschaftliche Tätigkeit ausübst, kannst du meist als Freiberufler arbeiten. Das bedeutet weniger Bürokratie, keine Gewerbesteuer und eine einfache Buchhaltung.
Falls du jedoch mit Waren handelst, handwerklich tätig bist oder ein Unternehmen mit Angestellten aufbauen willst, ist eine Gewerbeanmeldung erforderlich. Gewerbetreibende müssen mit mehr steuerlichen und administrativen Pflichten rechnen, haben aber größere geschäftliche Freiheiten.
4. Was passiert nach der Gewerbeanmeldung?
Nach der Anmeldung werden automatisch verschiedene Behörden informiert:
1️⃣ Finanzamt: Du erhältst einen steuerlichen Erfassungsbogen und wirst steuerlich erfasst.
2️⃣ Industrie- und Handelskammer (IHK) oder Handwerkskammer (HWK): Gewerbetreibende werden in der zuständigen Kammer registriert (IHK für Handels- und Dienstleistungsunternehmen, HWK für Handwerksbetriebe).
3️⃣ Berufsgenossenschaft: Für die gesetzliche Unfallversicherung von Gewerbetreibenden zuständig.
4️⃣ Krankenkasse: Falls du Mitarbeiter beschäftigst, musst du diese sozialversicherungspflichtig anmelden.
5. Fördermöglichkeiten für Freiberufler und Gewerbetreibende
Der Schritt in die Selbstständigkeit bringt nicht nur Freiheit, sondern auch finanzielle Herausforderungen mit sich. Egal, ob du dich als Freiberufler oder Gewerbe selbstständig machst – es gibt staatliche Förderprogramme, die dir den Einstieg erleichtern können.

Eine der wichtigsten Förderungen ist der Gründungszuschuss, den du als Bezieher von Arbeitslosengeld I beantragen kannst. Er unterstützt dich in den ersten Monaten mit bis zu 25.000 €, um deine Existenzgründung finanziell abzusichern. Gewerbetreibende und Freiberufler profitieren gleichermaßen von dieser Förderung – allerdings nur, wenn der Antrag professionell vorbereitet ist.
Zusätzlich gibt es das AVGS-Coaching, das über einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) von der Agentur für Arbeit finanziert wird. Es hilft angehenden Selbstständigen dabei, einen tragfähigen Businessplan zu entwickeln, bürokratische Hürden zu meistern und Fördermittel optimal zu nutzen. Mit der Unterstützung von Experten kannst du viele Fehler vermeiden, die Gründer oft teuer zu stehen kommen.
Da diese Förderungen nicht automatisch bewilligt werden, ist es entscheidend, frühzeitig zu prüfen, ob du Anspruch darauf hast. Deshalb bieten wir einen kostenlosen Erstcheck an, mit dem du schnell und unkompliziert herausfinden kannst, ob du den Gründungszuschuss oder ein AVGS-Coaching in Anspruch nehmen kannst. So stellst du sicher, dass du keine finanzielle Unterstützung verpasst und optimal auf deine Selbstständigkeit vorbereitet bist.
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Fazit – Welche Form passt zu dir?
Die Wahl zwischen Freiberufler oder Gewerbe hat erhebliche Auswirkungen auf Steuern, Bürokratie und geschäftliche Möglichkeiten. Es gibt keine freie Entscheidung, sondern die Zuordnung hängt von deiner Tätigkeit ab.
- Freiberufler profitieren von weniger Bürokratie, einer einfachen Buchhaltung und sind von der Gewerbesteuer befreit. Allerdings sind nicht alle Berufe freiberuflich – das Finanzamt entscheidet auf Basis des Einkommensteuergesetzes (§ 18 EStG).
- Gewerbetreibende haben mehr geschäftliche Freiheiten, können mit Produkten handeln und Angestellte einstellen, müssen jedoch ein Gewerbe anmelden und ab einem Gewinn von 24.500 € Gewerbesteuer zahlen.
Falls deine Tätigkeit nicht klar zugeordnet werden kann, entscheidet oft das Finanzamt oder das Gewerbeamt. Eine falsche Einstufung kann zu Steuernachzahlungen oder Nachforderungen durch die Gewerbeaufsicht führen.
5 häufige Fragen und Antworten – Freiberufler oder Gewerbe
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